Schifffahrt im Umbruch

Die große Finanzkrise der Jahre 2007/2008 hatte enorme Auswirkungen auf den Seehandel. Eine Folge war, dass das einst sehr lukrative Geschäft mit den hohen Gewinnen aus Schiffsbeteiligungen in Form des „GmbH & Co. KG-Modells“ eingebrochen ist. Viele ehemalige Anleger meiden nun diese Beteiligung.

 

Reedereien, die ihre Flotte bisher über den KG-Markt finanziert haben, haben kaum noch Zugang zu Kapital. Es muss umstrukturiert werden, wenn Neubauten - um die älteren Schiffe zu ersetzen und neuen Technologieansprüchen zu genügen - finanziert werden sollen.

Um solche Veränderungen in den Unterricht einzubringen und damit Aktualität gewährleisten zu können, lädt die Schule ab und an Praktiker ein.

Auf Einladung der Berufsschule stellten am 24.01.2019 der Geschäftsführer Mark Kuchenbecker und sein Kollege Konstantin Petersen von der Hamburger Unternehmensberatung BRAEMER NAVIS in einer Doppelstunde praxisnahe neue Schiffsfinanzierungsmodelle dar.

Wie zu erfahren war, stehen heutzutage drei Arten der Schiffsfinanzierung zur Wahl:

- die klassische Bankenfinanzierung,

- die Finanzierung über „Credit Fonds“,

- sowie die zurzeit am häufigsten favorisierte Form des Schiffsleasings.

Die Fremdkapitalaufnahme erfolgt in der Regel auch heute noch durch Bankenfinanzierung. Diese erfolgt aber durchaus mit anderen Banken, als den bisherigen (HSH-Nordbank, Bremer Landesbank, Commerzbank …) und zu wesentlich anderen Konditionen. So wird heutzutage oftmals eine volle Haftung der Reeder verlangt – also nicht mehr nur die Beschränkung auf das im Schiffsfonds eingebrachte Eigenkapital. Das führt dann dazu, dass Reeder ihr Haftungskapital in sog. eigens dafür gegründete Holdinggesellschaften einbringen.

Alternativ zu den Banken haben sich „Credit Funds“ etabliert, die genutzt werden, sofern ein Projekt nicht durch eine Bank zu finanzieren ist. Bessere Konditionen sind prinzipiell bei Leasing Gesellschaften zu erwarten, allerdings steht diese Optionen nicht allen Reedereien zur Verfügung. Für Linienreedereien ist sie aber durchaus eine favorisierte Lösung. Bei den Leasingverträgen spielen vor allem chinesische und südkoreanische Banken eine bedeutende Rolle. Durch die dortigen staatlichen Banken werden deren Werften subventioniert, gleichzeitig bleiben die Leasingunternehmen bis zur vollständigen Bezahlung der Leasingraten Eigentümer der finanzierten Schiffe.

Private Equity Firmen spielen, - wie der Name schon sagt - als Eigenkapitalgeber eine Rolle und agieren wesentlich aktiver als dies KG-Investoren getan haben bzw. tun. Reedereien begeben sich hierdurch in eine hohe Abhängigkeit von diesen Fondsmanagern, die einen starken Einfluss auf die Geschicke der Geschäftsführung haben (siehe die Beluga-Abwicklung) und natürlich hohe Renditeerwartungen haben.

Die Option Eigenkapital über einen Börsengang einzusammeln, ist im momentanen Markt eigentlich keine und stünde auch nur wenigen Reedereien offen.

Unser Dank gilt den beiden Referenten Mark Kuchenbecker und Konstantin Petersen für die anschauliche Information „aus erster Hand“.

Dietmar Nogai, Fachleiter Spedition